Ansichten der menschenleeren Marktgasse

Es ist leider nicht schwer, die Marktgasse in menschenleerem Zustand zu fotografieren. Um sie zu retten, muss und soll sich das ändern. Eine simple Aufgabe ist dies jedoch nicht.

Seit einigen Jahren beschäftigen wir uns mit unserem baukulturellen Erbe und damit, wie einerseits wertvolle Bausubstanz erhalten und andererseits der Zentrumsbereich unseres Ortes wiederbelebt werden kann. Die Marktgasse und ihr Umfeld spielt dabei eine tragende Rolle, ist sie doch der einzige Teil Ebensees, wo sich öffentliches Leben abseits von Tourismus-Hotspots abspielen könnte. Wenn es denn einen Grund gäbe, sich dort aufzuhalten!

Viel Energie und Geld sind bereits in Maßnahmen wie die Erstellung eines Masterplans Ortszentrum oder in die Erhebung von Leerständen geflossen. Im Rahmen eines Rurasmus-Projekts hat die Hamburger Architektin und Urbanistik-Studentin Tanja Stapelbroek mit viel Engagement Menschen in Bewegung und Leben in die Marktgasse gebracht. Um diese Bewegung nicht einschlafen zu lassen, wurde in den vergangenen Monaten ein weiteres Projekt im Rahmen des Förderprogramms Zukunft.Agenda ausgearbeitet und die Einreichung in der Gemeinderatssitzung im Jänner beschlossen.

Das ist alles positiv, jedoch braucht es als Basis für eine Belebung der Marktgasse in erster Linie Frequenzbringer: Geschäfte, Lokale, öffentlicher oder halböffentlicher Raum, wo Menschen sich aufhalten, einkaufen, konsumieren können.

Nachdem solche Orte nicht von selbst entstehen, benötigen sie von Seiten der Politik entsprechende Rahmenbedingungen. Der Mangel an Parkplätzen und die Abhängigkeit vom Auto war in der Vergangenheit sicher ein Grund für den Niedergang der Marktgasse. Heute ist eine autofreie Straße (zur Erinnerung: die Marktgasse ist offiziell eine Fußgängerzone!) als Schatz zu sehen, wo ganz viel Potential für Leben drinsteckt. Mit dem Verschwinden der Poller an den Einfahrten, der zunehmenden Nutzung für parkende Autos und einer allgemeinen Vernachlässigung hinsichtlich Pflege ist es jedoch nicht verwunderlich, dass Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen eine Wohnnutzung (auch touristisch) im Fokus haben und dabei auch Garagen mitgedacht werden.

Mit einer fortschreitenden Umwandlung der Erdgeschoßzone in Wohnungen oder Garagen wäre die Chance einer lebendigen, weitgehend autofreien Gasse unwiederbringlich dahin und damit auch die Chance, den alten Ortskern aufzuwerten und die historisch bedeutende Bausubstanz langfristig zu erhalten.

Für die Genehmigung von Bauvorhaben ist die Bauabteilung bzw. die Bürgermeisterin verantwortlich, Bausachverständige des Bezirksbauamts (Beurteilung der Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild) spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Gremien (Bauausschuss, Gemeinderat und -vorstand) haben auf dieser fachlichen Ebene weder Einblick noch eine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Entscheidungen für oder gegen Bauvorhaben können nur innerhalb des rechtlichen Rahmens getroffen werden, als Hilfestellung für Entscheidungen gibt es in Ebensee einen Architekturbeirat, der bei Bauprojekten, die bestimmte Kriterien erfüllen, hinzugezogen wird.

Wenn wir uns als Gemeinde zur Belebung der Marktgasse bekennen und statt Garagen und verschlossenen Türen einladende Geschäfte, Lokale und einen attraktiven öffentlichen Raum wollen, hätten wir die Möglichkeit, dies über einen Bebauungsplan zu regeln. Im Raumordnungsausschuss kam man mehrheitlich überein, dass die Verordnung eines „Neuplanungsgebiets“ und in Folge die Erstellung eines Bebauungsplans Hand in Hand mit dem neuen Baukultur-Projekt gehen müssen und in den kommenden Wochen werden die entsprechenden inhaltlichen Festlegungen erarbeitet. Wir hoffen, dass es einen gemeinsamen Nenner für alle Fraktionen geben wird.

Christa Tatár

Christa Tatár

Gemeindevorständin
Obfrau Umweltausschuss
Obmannstellvertreterin Bauausschuss